Endspurt: „Schamlos? Sexualmoral im Wandel“ Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig

Anfang der 1950er Jahre erregte die Schauspielerin Hildegard Knef noch Aufsehen, als sie in einer Filmszene kurz nackt zu sehen war. Heute erreicht „Shades of Grey“ Millionen Umsätze als Buch und Film. Noch 1973 protestierten Demonstranten vermummt gegen die Entlassung eines homosexuellen Lehrers, heute gibt es in vielen deutschen Städten den Christopher Street Day, homosexuelle Paare können heiraten. Mit rund 900 Objekten beleuchtet die Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig noch 6. April 2015 Veränderungen gesellschaftlicher Leitbilder und moralischer Normen.

„Schamlos? Sexualmoral im Wandel“ Ausstellung im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig endet am 6. April

Plakat_SchamlosPartnerschaft und Sexualität gehören zum Intimsten des Menschen. Gleichwohl unterliegen sie gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und sind damit auch Spiegel der Zeit. Sexualmoral und Geschlechterbeziehungen haben sich seit 1945 stark verändert. Den damit verbundenen Wertewandel beklagen die einen als Verlust von Moral und sittlicher Ordnung, andere begrüßen ihn als Ausdruck zeitgemäßer Liberalisierung und Pluralisierung der Lebensformen.

Werteverfall oder Freiheitsgewinn?

In der Bundesrepublik Deutschland sind Sexualität und Moral häufig Gegenstand öffentlicher Debatten. Beispiele wie der Kampf gegen den vermeintlichen „Schmutz und Schund“ in den 1950er Jahren, der Streit um die Reform des „Abtreibungsparagraphen“ 218 in den 1970er Jahren oder die bis in jüngste Zeit geführte Diskussion um Homosexualität zeigen anschaulich, dass bei diesen Themen nicht zuerst um Privates, sondern vielmehr um soziale Ordnungsvorstellungen und das Selbstverständnis der Gesellschaft gerungen wird.

Das Museum
Die Leipziger Ausstellung „Schamlos? Sexualmoral im Wandel“ wird bis zum 6. April kommenden Jahres im Zeitgeschichtlichen Forum in der Grimmaischen Straße 6 im Zentrum der Messestadt gezeigt. Die Schau ist dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr geöffnet, samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

„Sozialistische Moral“

StehlampeDie DDR gilt im Vergleich zur Bundesrepublik bis heute vielen als weniger prüde. Doch auch hier herrschen eindeutige Normen und Regeln, vorgegeben von der SED. „Unsere DDR ist ein sauberer Staat“, erklärt die Partei 1965. Sie verbietet Prostitution und Pornografie, weil die Menschen „anständig“ leben sollen. Voreheliche Sexualität gilt zwar als natürlich, doch soll eine Beziehung in die Ehe münden. Frauen und Männer sind formal gleichberechtigt, aber auch in der DDR prägen traditionelle Rollenbilder die Geschlechterbeziehungen.

Sexualmoral im Wandel

Die Trennung von Sexualität und Fortpflanzung, die Änderung von Rollenbildern sowie die zunehmende Kommerzialisierung von Erotik und Sexualität sind nur einige Aspekte der Ausstellung. Film- und Tondokumente, Plakate und Objekte wie ein als Geheimversteck für einen Erotikversand-Katalog umgebautes Buch, eine von Feministinnen getragene lila Latzhose oder ein in der DDR ausschließlich für den Export produziertes erotisches Kartenspiel veranschaulichen die Bandbreite der Themen und lassen rechtliche und kulturelle Veränderungen im Bereich Sexualität und Moral deutlich werden.